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4. Die Zeit um die Mitte des 15. Jahrhunderts

a) Grenzfehden und Machtkämpfe

Nicht eindeutig geklärte Gebietsansprüche zwischen dem Grafen von der Mark und dem Kölner Erzbischof, Dietrich von Moers, führten zu einer Zuspitzung der Lage. Der Kölner Erzbischof sah die 1180 von Kaiser Friedrich Barbarossa an die Kölner Erzbischöfe anerkannten Rechte gefährdet; insbesondere, nachdem Graf Adolf IV. von Kleve seine Grafschaft Ende des 14. Jahrhunderts mit der von der Mark vereinigen konnte und 1417 zum Herzog erhoben wurde.

In der Soester Fehde 1444 – 1449 kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Dietrich von Moers war Schutzherr der Stadt Soest. Mit den von Dietrich ausgeschriebenen Schatzungen fühlten sich die Soester in ihren Rechten und Pflichten eingeengt und sagten sich von ihm los, indem sie Graf Adolf IV. die Schutzherrschaft antrugen.

Die Belagerung von Soest war vergeblich und erfolglos. Soest löste sich aus der Abhängigkeit Kurkölns. Burg Bilstein ergab sich 1445 den kölnischen Belagerern, nachdem 1 Jahr zuvor das östliche Nachbarland Fredeburg erobert und die Burg zerstört worden war.

Die blutigen Auseinandersetzungen zwischen dem märkisch-klevischen Herzogtum und dem Kurkölner Herzogtum Westfalen, die in der Soester Fehde erst richtig zum Ausbruch kamen, vermochten dennoch nicht die Zwistigkeiten beizulegen.

Der nicht geklärte Rechtsstreit wurde dem Papst zum Entscheid unterbreitet und der verfügte, Soest und die Börde dem Herzog von Kleve und die Herrschaft Bilstein und Fredeburg dem Kölner Kurstaat zuzuordnen.

Zwar ist es bis heute nicht aktenkundig geworden, jedoch ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass in dieser fehdenreichen Zeit Wendener Schützen im Kriegszug gegen Soest haben kämpfen müssen.

Der Verfasser unseres Heimatbuches, Fritz Wiemers, schreibt hierzu: „Die Soester Fehde hatte die Schützen so recht ihre Bedeutung und Bestimmung erkennen lassen. Viele von ihnen waren im Heere von Soest und Unna gewesen. Nachbarstädten, namentlich Belecke, hatten sie Beistand geleistet.“

 

Das Gründungsjahrhundert war ein Jahrhundert ständiger Grenzfehden.

 

Im Wendener Heimatbuch berichtet Norbert Scheele in einem Aufsatz „Grenzfehde und Grenzfeste“ u. a.:

            „Vor einigen Jahren wurde im Süden von Hünsborn am Eingange in die sogenannte Saukuhle ein alter Grenzstein gefunden, der auf einer Seite die Bezeichnung ´NAS´ und auf der anderen ´C. COELN´ trägt. Es war hier die alte Landesgrenze zwischen der Grafschaft Nassau-Siegen und dem Kurfürstentum Köln. Auch der auf der Höhe etwas westlich davon, beim Hühnerkamp gelegene Dreiherrenstein, der jedoch bedeutend größer ist, trägt dieselbe Bezeichnung. An dieser Stelle befand sich außer den angegebenen Grenzen auch noch die der Herrschaft Wildenburg“.

Man ahnt heute kaum, dass an diesen Stellen einst ein jahrhunderterlanger Streit getobt hat, dass der Fehdezustand zwischen den Fürsten und Fürstchen überhaupt nicht aufhören wollte. Da war das Bedürfnis groß, die Grenze gegen Feindesland durch starke Verhaue, durch Wall und Graben zu sperren und besonders die Straße an den Grenzpunkten gegen feindliche Scharen zu verschließen. Besonders ausgeprägt erscheint der Wall auf der Grenze der Gemeinde Wenden zwischen dem jetzigen Kreis Olpe und Siegen, der allgemein als das „Kölsche Heck“ bezeichnet wird.

Das ganze Mittelalter hindurch hat die „Kölsche Heck“ als Schutz gedient. Nach Siegerländer Mitteilungen lag 1466 ein Rittmeister mit 40 Reitern in der Woche vor Michelstag eine Nacht in Hilchenbach und die nächste Nacht in Krombach auf Wache gegen die „Kölschen“.

1468 drohte wieder ein Einfall, nachts wurden die Glocken geläutet und die Einwohner gewarnt. Die Beamten ´sulden das Lantweren´, d. h. die Landhecke besetzen lassen. 1471 heißt es erneut: ´die westfelingehetteneyngraßbewerf  und contzehette verstanden, sysuldendryhondertgewapen (bewaffnete) stark sein und ulden in die Grafschaft von nassaugain´.

Nach diesen Berichten sind zwar die ´Kölschen´ die Unruhestifter. Es liegt jedoch nahe, dass die häufigen, blutigen Händel nicht einseitig verursacht wurden. Insbesondere dann nicht, wenn, wie berichtet, 1517 der gnädige Herr (der Graf von Nassau), den ´Kölschen´ das ´Korn ußwendig der hegen (Landhecke) haitabsnydenlaißen´.“

Zwar war der Krieg beendet, aber Not und Angst belasteten die Menschen der Zeit weiterhin. Sie waren vor allem begründet in dem Zwang, heute diesem und morgen jenem Herrn dienen und fronen zu müssen. Dazu kam die Tatsache, u. U. gegen den Gefährten oder Freund zu Fehde ziehen zu müssen, weil dieses aus dem Umstand der Hörigkeit (Vasall, Lehnsmann oder Leibeigenschaft) geboten war.

Peinigende Gewissensnot, die in religiöser Verunsicherung zu suchen war, mag ebenso manchen Menschen jener Zeit bedrängt haben.

Herrschaftssucht, Raffgier und Ausschweifungen waren der Grund dafür, dass 1458 ein geistlicher Beamter vom westfälischen Offizialgericht  dem erzbischöflichen Gericht in Köln über sittliche Verkommenheiten in einigen Dekanaten berichtete, was allgemein dazu beitrug, den geistlichen Stand zu verächtlichen, da Glaube, Frömmigkeit, Mäßigkeit und andere christliche Tugenden nicht immer geübt wurden.

 

b) Das Waldenburger Bündnis

Aus inneren Bedrängnissen heraus erneuerten im Jahre 1480, am 5. März, Ritterschaft und Städte des Amtes Waldenburg, den unter sich geschlossenen Bund des getreuen Zusammenstehens in der Verbundenheit zum Stift Köln.

Das Amt Waldenburg umfasste die Städte Olpe und Attendorn nebst Kirchspiele, die Freiheit und nachmalige Stadt Drolshagen, die Kölnischen Anteile am Kirchspiel Valbert sowie die Kirchspiele Wenden, Lenhausen, Babenohl (Bamenohl), Ahausen, Schnellenberg, Ewig usw.  angeschlossene Ritterschaften.

Der Amtsbezirk Waldenburg bildete ein Ganzes für sich. So schließen denn auch Ritterschaft und Städte dieses Amtes am 30. August 1462, sowie am 5. März 1480  und im Jahre 1530 ein Bündnis untereinander, mit dem Zweck, zusammen bei dem Erzstift Köln zu bleiben und sich gegenseitig beizustehen.

In der das Bündnis besiegelnden Urkunde heißt es u. a. (vgl. dazu Seiberts Urkundenbuch zur Landesgeschichte Westfalens – zum besseren Verständnis wurde der Text sprachlich leicht abgewandelt):

„ Es ist bekannt, dass so große Feindseligkeit und Streit eine Zeitlang in diesem Land gewesen sind und noch täglich andauern, so dass einer den anderen innerhalb und außerhalb des Herrschaftsbereiches des Erzstiftes Köln angreift und überfällt und Schaden zufügt, und wenn sich dann an das Amt Waldenburg die Herren vieler Herrschaftsbereiche wenden, so haben die von der Ritterschaft des Amtes Waldenburg namens Engelbert van Plettenbergh zu Waldenborgh, Henrich van Plettenbergh zu Lenhusen, synVedderHenrich van Plettenbergh , guntermann und Henrich van Plettenbergh seine Brüder zu Babenohl,Henrich Vogt van Elspe, Johann von Vogt van Elspe zu Ahusen, Herman und Johan von Schnellenbergh, Aleff van Enterbergh und Widenecker van Ewig und vorth Borgermeister, Rad und Gemeinde der Stadt Attendorn, Olpe und Freiheit Drolshagen mit denen gemeinen Kirspelldarselven und das ganze Kirspell zu Wenden, gemeinsame solches bedacht und versucht, vorgenannte Feindseligkeit und den Streit in dem vorgen. Stift Köln zu verhüten, wie immer sie es können, und sie sind durch Beratschlagung einträchtig übereingekommen, dass sie ohne Abspaltung zusammenbleiben wollen bei dem guten Herrn St. Peter und der hl. Kirche zu Köln, und sollte es einmal zu einem Rechtsstreit kommen, dass jemand einen anderen belastet oder zu weit geht oder ihn überfallen würde, wenn jemand glaubte, dass er zu kurz gekommen sei oder ihm Schlechtes widerfahren sei, dann soll der vor den anderen treu zur Ladung bitten und seinen Gerichtstermin einhalten und tröstlich schützen, beherbergigen, Gastfreundschaft gewähren und beschützen, soweit er dazu in Ehre und Recht fähig ist, eingeschlossen und ohne Schaden aller Rechte unseres gnädigen Herrn von Köln, des gnädigen Kapitels und ihrer Amtsleute dieses vorgen. Ohne Arglist. Diese Einigkeit und Eintracht sollen so lange dauern, bis sie einer dem anderen aufkündigt, und sie soll noch ein Jahr bestehen, wie man schon vorher weiß, und in ihrer vollen Gültigkeit und ohne Arglist. Um Urkunde und Sicherheit dieser Vereinigung fest und vollkommen zu halten, haben die aus der vorgen. Ritterschaft ein jeglicher sein eigenes Siegel unten an diese Urkunde gehängt, und unser Stadtsekret unten an diese Urkunde gehängt, und wir, Bürgermeister und Rat zu Olpe, haben unser Sekret für uns, und das ganze Kirchspiel Wenden unten an diese Urkunde gehängt, und wir Bürgermeister und Rat von Drolshagen haben auch unser Sekret zur Stetigkeit für uns und das ganze Kirchspiel Drolshagen an diese Urkunde gehängt. Gegeben im Jahre 1480.

 

Anmerkung
Nachweislich hat in alter Zeit in Wenden ein Freistuhl oder Freigericht bestanden.

 

Von Verhandlungen vor dem Freistuhl sind keine Überlieferungen bekannt. Ebensowenig die Namen der Freigrafen und Freischöffen. Gerichtsbarkeit war aber immer zugleich auch „Obrigkeit“. So ist mit aller Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass das „Kirspell“ Wenden durch Richter und Schöffen vertreten wurde.

Es ist erwiesen, dass Landesfürsten wie Obrigkeit sich der Schützengilden bedienten, sowohl in der Abwehr und Verteidigung, als auch im Fehdegang.

Wenn, wie in diesem Fall, als Bündnispartner Ritterschaft und Rat in Erscheinung traten, so heißt das, dass die gegenseitige Bereitschaft zur Hilfeleistung, (Abwehr und Verteidigung) zwar von der Ritterschaft und den Stadträten ausgingen, aber nicht unwesentlich von den Schützen mitgetragen wurde. Durch die Einbeziehung der Schützen erst war eine optimale Verteidigungskraft gewährleistet.

So ist mit aller Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass alle Gerichte des Amtes Waldenburg neben den Städten Olpe und Attendorn, auch Drolshagen, Wenden und sicherlich auch Elspe sehr früh eine Schützenwehr bereitzustellen hatten.

Die Ritter von Plettenberg besaßen im Wendener Land beachtliche Ländereien. Außerdem besaßen die Herren von Plettenberg auf Burg Waldenburg einige, im Kirchspiel Wenden gelegene Güter von dem im 9. Jahrhundert gegründeten Damenstift Herford zu Lehen.

 

c) Willkür, Räuberunwesen und Hoheitsrechte im Süderland

Das Spätmittelalter bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts war ein Zeitalter häufiger Privatfehden, insbesondere des Adels. Oft wurden erst nach Beginn der Gewalttätigkeit Fehdebriefe durch freigelassene Gefangene ausgetragen. Vieh, besonderes Pferde und Kühe, Getreide und Hausrat wurden weggenommen, Höfe abgebrannt, Gefangene in die Verliese entlegener Schlösser und Burgen entführt, um für sie oder von ihnen Lösegeld zu erpressen. Plünderungen des Güter- und Warenverkehrs der Süderländer in die Börde oder den Hellweg waren keine Seltenheit.

Nicht nur Grenzfehden, auch Freibeuterei und Wegelagerei waren nicht selten. So nimmt es kein Wunder, wenn der oberste Verwaltungsbeamte des damaligen Kölner Kurfürsten im Bereich des in etwa heutigen Kreisgebietes, des Bilsteiner Drosten Kaspar von Fürstenberg, in seinen Tagebuchaufzeichnungen vermerkt:

„Jahr 1600, den 28. März. Ich stelle aus dem Gericht Wenden Schützen allhie aufs Hauß (Schloss Bilstein) und warne die Städte Attendorn und Olpe. Ich bringe etliche Kleinode nach Schnellenberg in Verwahrung von wegen der streifenden Freibeuter.“ – „Jahr 1600, den 14. April. Ich bestelle Schützen, Pulver und Blei aufs Hauß, lasse mein Silber zum Abführen einpacken.“

Nie endenwollende Fehden waren nicht immer territoriale, also Grenz- und Besitzstreitereien, sondern häufig auch Streitereien um hoheitliche Rechte.

Es galt also nicht so sehr das Recht der Territorialität als vielmehr das der Personalität, d. h., die an die Person gebundene Gerichtshoheit oder das Recht des Glockenschlages als Ausdruck des Rechts der Landeshoheit (wie das Läuten zum Landesaufgebot, zur Heeresfolge und Verbrechensverfolgung), ferner die Verfügung über Königsstraßen, Zölle, Abgaben, Dienste im Jagd- und Fischereigerechtsame.

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